Ethnopoly 2016 in Bern

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29. April, halb neun Uhr, grüne und orange Ballone werden aufgeblasen, Schüler und Schülerinnen stecken aufgeregt ihre Köpfe über Stadtplänen zusammen, freiwillige Helfer und Helferinnen besprechen mit Lehrern und Lehrerinnen den Tagesablauf.

Der Startschuss zum interkultuerllen Begegnungsspiel Ethnopoly fällt um Punkt neun Uhr in der Aula des PRORGs. 200 Kinder aus Schulhäusern der Stadt Bern, der Rudolf Steiner Schule Ittigen und aus dem Solothurner Dorf Lütterkofen stürmen los, um einen Tag lang Migrantinnen und Migranten in deren Zuhause oder an ihrem Arbeitsplatz zu besuchen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Zugleich öffnen auch Institutionen, die sich Migrations- und Integrationsthemen widmen, den Kindern die Türen und bieten einen Einblick in ihren Arbeitsalltag. Jeder dieser Postenbesuche wird mit Punkten belohnt. Am Schluss des Spieltages wird die Gruppe mit den meisten Punkten zur Siegerin gekürt.

Bereits zum sechsten Mal seit 2005 wurde somit unter der Trägerschaft von Sport – The Bridge (STB) das Begegnungsspiel Ethnopoly in Bern unter dem Motto „verbindet die Kulturen und macht Spass” ausgetragen. Das 14-köpfige OK änderte einiges im Vergleich zu den bisherigen Ausgaben: Zum ersten Mal waren nicht mehr Jugendliche der 7.- 9. Klasse allein unterwegs, sondern 5. Bis 7. Klässler. Ausserdem wurden bewusst auch Kinder aus ländlichen Gegenden eingeladen, die im Alltag weniger in Kontakt mit Migranten und Migrantinnen kommen als Stadt Berner Kinder. Um die Sicherheit zu gewährleisten wurden alle Vierergruppen von freiwilligen Helfern begleitet. Schliesslich kamen alle Kinder und Jugendlichen am Nachmittag wohlbehalten und voller Eindrücke zurück in die Aula des PROGRs.

Diese Neuerungen ergaben ausser den spannenden Begegnungen mit Migranten und Migrantinnen auch viele Diskussionen zwischen den Kindern aus der Stadt und vom Land. Seine Erlebnisse beschreibt ein Junge aus Lütterkofen folgendermassen: “Ich habe heute nicht nur zum ersten Mal indische Gewürze probiert und mit Berner Kindern darüber geredet, was ein Ausländer ist, sondern bin auch zum ersten Mal im Leben Tram gefahren.” Die Begeisterung und die Müdigkeit waren ihm am Ende dieses ereignisreichen Tages ins Gesicht geschrieben.

Ethnopoly ist für die Kinder, wäre aber ohne die ca. 50 Posten, die über 70 freiwilligen Helfer und Helferinnen am Spieltag selber, die Sponsoren sowie das freiwillige OK nicht möglich. Deshalb einen risen Dank allen Beteiligten!

 

Angelika Koprio (OK Ethnopoly), Mai 2016

Hier ein paar Eindrücke vom Spieltag:

Projektaktivitäten von STB in der Schweiz – Volunteers gesucht!

Cooltour, 23. bis 31. Juli 2015

Das Ziel des Sommerlagers Cooltour ist es, Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung gemeinsame Erlebnisse zu ermöglichen und somit Hemmungen und Vorurteile abzubauen. Dieses Camp wird von der Nationalen Förderorganisation Blindspot, dem Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband sowie PluSport Behindertensport Schweiz durchgeführt und von STB durch persönliche Mitarbeit unterstützt.

Mehr Informationen dazu findest du auf www.cooltour.ch. Für die Betreuung der Kinder und Jugendlichen sowie für die Mithilfe in der Infrastruktur suchen wir Freiwillige. Möchtest du als Volunteer mitwirken und Einblicke in ein schweizweit einzigartiges Sommerlager erhalten? Melde dich bei Thierry Graf für mehr Informationen, graf@sportthebridge.ch.

Nations & Football – The Cup (NFC) in neuer Form, 25. Juli 2015

Dank der Initiative des Swiss African Forums, dem Organisationspartner im Rahmen des NFC, wird dieses Jahr ein interkulturelles „Grümpelturnier“ durchgeführt. Neu werden sich Fussballerinnen und Fussballer aus aller Welt in Teams à je fünf FeldspielerInnen und eine/r TorhüterIn messen. Die Fussbälle werden auf kleinen Feldern inmitten der Stadt Bern gekickt, begleitet von einem attraktiven Rahmenprogramm. STB möchte sich nicht nur an der Organisation und Durchführung beteiligen, sondern auch ein Team stellen.

Wenn du Lust auf diese spezielle Fussballerfahrung hast, dann melde dich oder gleich dein ganzes Team bei info@sportthebridge.ch an.

Ethnopoly, Herbst 2015

Im Spätherbst wird in Bern wiederum Ethnopoly gespielt. Dieses Mal lernen Schulkinder nicht die ganze Stadt Bern, sondern die direkte Umgebung ihres Schulhauses mit dem Blick durch die „Migrationslinse“ besser kennen. Sie besuchen Migrantinnen und Migranten am Arbeitsplatz und Zuhause und lernen so Menschen, denen sie täglich begegnen oder dessen Spezialitäten und Ladenangebote bekannt sind, besser kennen. Dabei geht es darum, den Jugendlichen die Vielfalt von Migrationsgründen und Lebensweisen in der Schweiz aufzuzeigen.

Ab sofort sind freiwillige Organisatorinnen und Organisatoren gesucht, die gerne mit Menschen, Schulen und Quartierzentren zusammen arbeiten möchten. Bei Interesse melde dich bei Fabienne Glatthard, glatthard@sportthebridge.ch.

Ethnopoly 2009: Frau Cheng lädt ein

“Es war ein kalter Morgen. Dennoch hatten sich letzten Freitag 300 bis 400 Siebt- bis Neuntklässler auf dem Bundesplatz eingefunden, um Ethnopoly zu spielen. Das Spiel zur Rassismusbekämpfung rief zum dritten Mal zur Postenjagd durch ganz Bern.

Per Lautsprecher meldet sich ein aufgestellter Mann zu Wort: “Guten Morgen, liebe Kinder! Ich bewundere euch dafür, dass ihr so früh aufgestanden seid und jetzt tapfer in der Kälte auf den Start des Spiels wartet. Zur Unterhaltung und bis es dann losgeht, gibt es noch ein wenig Musik”, Manu Chao hat er zur Unterhaltung der Teenager gewählt.

“In der Zeitung stehen wäre schon geil”

Es folgen weitere Informationen, doch die Schülerinnen und Schüler scheinen schon bestens Bescheid zu wissen über die Regeln und den Ablauf des Spiels. Die Jugendlichen werden in Vierergruppen eingeteilt. Es geht nun darum, möglichst viele Ethnos, so heisst die Währung des heutigen Tages, zu sammeln. Diese Ethnos kann man sich holen, indem man Posten besucht, die überall in der Stadt Bern verteilt sind. Die insgesamt 60 Posten werden von Migrantinnen und Migranten besetzt, die dann den Schülern über ihre Erfahrungen in der Schweiz und ihrem Heimatland berichten. Das Ziel des Spiels ist, dass die Jugendlichen positive Erfahrungen mit Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft sammeln und so ihre Vorurteile und Ängste gegenüber Fremden Menschen beseitigen können.

Es ist 9 Uhr und die erste Staffel kann starten. Ich gehe auf eine Gruppe zu und frage, ob ich mich anschliessen könne. Nachdem mich alle skeptisch gemustert haben,  stimmen sie zu. “In einer Zeitung zu kommen wäre schon geil!” Aber ob ich denn für den “Blick” schreibe? Falls ja, dürfe ich nämlich nicht mitgehen. Zum Glück ist dies nicht der Fall. Der erste Posten befindet sich in der Tiefenau bei Frau Cheng aus Kambodscha. Herzlich empfängt sie uns in ihrem Zuhause. Sie hat sich gut auf die Schülerschar vorbereitet und erzählt stolz aus ihrem Land. Ihre Eltern mussten wegen des Kommunismus aus Kambodscha fliehen. Und sie, Frau Cheng, ist dann hier in der Schweiz geboren. Die Jugendlichen sind begeistert von der Wohnung und von Frau Cheng. So möchten sie später auch mal  leben, sagen sie, nachdem sie sich verabschiedet haben.

Von Sri Lanka nach Paris

Ein weiterer Posten ist die Wohnung einer Tamilin. Sie möchte namentlich nicht erwähnt werden. Zusammen mit ihrer Tochter setzt sie sich der Gruppe gegenüber und wartet auf Fragen. Doch da sind die Jugendlichen überfordert. Nein, sie hätten keine Fragen vorbereitet. Ob ihnen denn nicht spontan eine Frage in den Sinn käme, zu ihrem Land oder ihren Traditionen, will die Frau wissen. Jemand fragt nach der Religion und möchte wissen, wie die Tamilen Geburtstag feiern. Das Gespräch ist bald beendet und die Schülerinnen und Schüler rufen in der Telefonzentrale an, um sich ihre Ethnos  zu sichern.

Gleich ein paar Häuserblocks weiter wohnt eine Pariserin. Auch sie wartet auf  Fragen. Die Jugendlichen sind aber schüchtern und wissen nicht recht, was sie gerne über Frankreich wissen möchten. Und dann ist der Morgen auch schon vorbei. Sie müssen zurück zum Bundesplatz, wo es Mittagessen gibt. Ich verabschiede mich von der Gruppe und wünsche ihnen für den weiteren Verlauf des Spiels viel Erfolg. Sie sind stolz, schon drei Posten gemacht zu haben, andere Gruppen waren weniger fleissig. Um 16 Uhr erfolgt dann noch die Rangverkündigung und ein Auftritt der Tanzgruppe “Rythm Nation”.

Alle gewinnen

Es war ein erfolgreicher Tag. Nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, die am meisten Ethnos gesammelt haben und nun ein Kleinprojekt für die Schule, die sie besuchen, finanzieren können, auch die Organisatoren von “Sport The Bridge” haben viel geleistet. Die Migrantinnen und Migranten, die mitgemacht haben, sind bewundernswert für ihre offenherzige Art. Es braucht sicherlich Mut, sich einer Gruppe Jugendlicher zu stellen und ihnen die Türe zu seinem Leben zu öffnen.

Ethnopoly ist ein schönes Spiel, gerade weil es so realistisch ist und den Jugendlichen gute Erfahrungen für das Leben mitgibt, durch Begegnungen mit Menschen kann man viel lernen. Es lässt sich auf diesem praktischen Weg viel besser einfühlen in die zum Teil schwierigen Situationen der in der Schweiz lebendenMigranten und Migrantinnen. Aus dem Spiel können alle einen persönlichen Gewinn ziehen.”

Quelle: tink.ch, http://www.tink.ch/schweiz/new/article/2009/10/19/frau-cheng-laedt-ein (5.11.2009).